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Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ)

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Forschung

Kulturlandschaft und Entwicklungsmöglichkeiten.

Eine Eignungsabklärung für Landwirtschaft, Wohnen und Erholung in einem Testgebiet der Region Erlach - östliches Seeland (EOS). Ein Zwischenbericht

Matthias Kägi, Geographisches Institut der Uni Bern

1. Thema, Fragestellung, Forschungsziel

Im Zentrum steht die Kulturlandschaft des Berner Seelands. Mit einer sogenannten Eignungs-abklärung soll analysiert werden, welche Flächen für die 3 Funktionen Landwirtschaft, Wohnen und Erholung geeignet sind oder nicht, wo sich also Gunst- oder Ungunstlagen ergeben. Die Untersuchung findet in einer repräsentativen Testregion der Region EOS statt (6 Gemeinden, mehr dazu siehe Kap. 2). Die Eignung für drei Funktionen wird nach verschiedenen Merkmalen untersucht, es geht also um ein "Inventar” der räumliche Verteilung von Merkmalen (z.B. Erreichbarkeit mit dem ÖV), die sich auf die Eignung der drei Funktionen auswirken. Resultat meiner Arbeit werden verschiedene Eignungskarten für die drei Funktionen und deren Merkmale sein. Aus den Karten kann schliesslich abgelesen werden, wo die drei Funktionen geeignet oder ungeeignet sind, wo sich Konflikte zwischen zwei oder mehreren Funktionen ergeben (wenn z.B. eine Fläche eine hohe landwirtschaftliche- wie auch Wohneignung aufweist) oder sich zwei Funktionen gegenseitig unterstützen (z.B. kann eine naturnahe Landschaft sich positiv auf den Wohn- wie auch den Erholungswert einer Raumeinheit auswirken).

2. Datenlage

Für meine Untersuchung bin ich einerseits auf bestehende Daten angewiesen, andererseits werde ich mittels einer Felderhebung Daten erheben, die in der für meine Fragestellung gewünschten Form nicht vorhanden sind. Das Bundesamt für Statistik verfügt seit einigen Jahren über einen grossen Satz an räumlichen Daten, und zwar mit einer Auflösung pro Hektare. Es ist also möglich, für die ganze Schweiz Daten verschiedener Merkmale wie zum Beispiel Wohnbevölkerung, Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftssektoren, Pendlerverhalten, Alterstruktur usw. pro Hektare zu erhalten. Man befindet sich also heute in einer komfortablen Lage, waren doch solche Daten früher höchstens pro Gemeinde erhoben. Man kann aber davon ausgehen, dass die Unterschiede bezüglich räumlicher Struktur in einer Region zwischen den Gemeinden relativ gering, innerhalb der Gemeinde aber relativ gross sind. Mit den genauen Hektardaten kann nun solchen Unterschieden auf kleinstem Raum Rechnung getragen werden, da sie nach Belieben aggregiert werden können. Für meine Untersuchung ist es sinnvoll, die Hektardaten zu sogenannten Siedlungseinheiten zusammenzufassen (z.B. Dorf, Weiler oder Einzelhof). Da man für jede Hektare die Wohnbevölkerung weiss, ist dies unter Beizug der entsprechenden Landeskarten (1:25'000) auch in nützlicher Frist zu bewältigen. Resultat einer solchen Einteilung in Siedlungseinheiten ist in der Karte im Anhang zu sehen.

Die weitere Datenerhebung findet nun einerseits auf der Ebene der Siedlungseinheiten statt (Eignung Wohnen, da man immer in einer Siedlungseinheit wohnt) und anderseits auch im Nichtsiedlungsgebiet (Eignung für die Landwirtschaft & Erholung). Das Nichtsiedlungsgebiet wird ebenfalls nach verschiedenen homogenen Flächen unterteilt (Wald, Hügelgebiet, Schutzgebiete, Seen und Fliessgewässer und landwirtschaftliche Nutzfläche). Auf diese Weise wird das gesamte Untersuchungsgebiet in homogene Einheitsflächen unterteilt. Diese bilden schliesslich die Grundlage für die Redaktion der Eignungskarten. Man kann also am Schluss jeder Einheitsfläche einen Wert für ihre Eignung bezüglich Landwirtschaft, Wohnen und Erholung zuordnen und mit entsprechenden Farben in der Karte darstellen.

Wie bereits oben angetönt, findet meine Untersuchung nicht in der Gesamtregion EOS, sondern in einer repräsentativen Testregion von 6 Gemeinden statt: Es sind die Gemeinden Aarberg, Seedorf, Bargen, Siselen, Walperswil und Lüscherz (siehe beiliegende Karte). Für die Auswahl der Testregion waren verschiedene Kriterien ausschlaggebend (Gemeindegrenzen, Verteilung der Wohnbevölkerung, Erwerbsstruktur, Pendlerverhalten, naturräumliche Merkmale). Ziel war es, eine Testregion mit einer hohen Vielfalt und Durchmischung dieser Merkmale abzugrenzen, in der gleichzeitig Eignungskonflikte zu erwarten sind.

3. Vorgehen Eignungsabklärung

Analyse Landwirtschaft:

Für die Untersuchung der landwirtschaftlichen Eignung stütze ich mich auf die digitale Bodeneignungskarte 1980 des Bundesamts für Statistik. Bei einer Bodeneignungskarte wird eine Fülle von äusserst detaillierten Grundlageninformationen vereinfacht wiedergegeben. Sie zeigt die Interpretation von Bodenkarten (= pedologischen Einheiten und ihre chemischen, physikalischen, biologischen und ökologischen Eigenschaften) bezüglich der pflanzlichen Anbaueignung. Die Böden in der Schweiz weisen auf kleinem Raum grosse Unterschiede auf, trotzdem ist die Zahl der möglichen Eignungen relativ klein. Eine Darstellung der Eignungen ist also mit relativ wenigen Kartierungseinheiten möglich. Die einzelnen Nutzungsarten stellen an den Boden bestimmte Anforderungen. In der Eignungsanalyse werden die Bodenverhältnisse mit den Ansprüchen der Nutzungsart in Verbindung gebracht. Die Darstellung aller Flächen mit gleichwertigen Nutzungsmöglichkeiten ergibt die Bodeneignungskarte. Es werden damit standortgemässe Nutzungsmöglichkeiten dargestellt, unabhängig von der derzeitigen Bodennutzung. Für die Region EOS ergeben sich insgesamt 13 Gruppen von Eignungsflächen, sie bewegen sich von 1 (= sehr gut geeignet) bis 4 (= schlecht geeignet). Die in der Region EOS möglichen Nutzungsarten sind der Getreidebau, Hackfruchtbau, Futterbau, Naturfutterbau, und Kunstfutterbau, die Grossvieh-, Jungvieh- und Kleinviehweide sowie die Forstwirtschaft.

Analyse Wohnen:

Die Wohnfunktion wird anhand der 4 Merkmale Erreichbarkeit, Ausstattung, Landschaft und Belastungen untersucht. Gemessen werden diese Merkmale mit folgenden Unterkategorien:

Merkmal: Unterkategorien: Quellen:

Erreichbarkeit mit ÖV: - Quell- und Zielort Kursbücher

(Bern, Biel, Lyss. Aarberg) Wanderkarte

- Reisezeit (Anmarschzeit, Warte/Umsteigezeit, Fahrzeit)

- Frequenz zu Hauptverkehrszeiten (6h00-9h00/17h00-20h00)

Ausstattung: - täglicher Bedarf (z.B. Lebensmittel) Telefonbuch

- kurzperiodischer Bedarf (z.B. Bank) Ortspläne

- Langperiodischer Bedarf (z.B. Bekleidung)

- Dauerhafte Konsumgüter (z.B. Radio/TV)

- Verpflegung (z.B. Restaurants)

- Übrige Dienstleistungen (z.B. Schulen)

Landschaft: - Relief Feldarbeit

- Gewässer

- Wald

- Naturnahe Vegetation

- Kulturobjekte

Belastungen: - Lärm Feldarbeit

- Luftverschmutzung

- visuelle Belastungen

- Gefahren

Analyse Erholung:

Für die Untersuchung der Erholungsfunktion werden die gleichen 4 Merkmale wie für die Wohnfunktion verwendet, diese aber anders gewichtet und anhand von anderen Unterkategorien gemessen:

1. Erreichbarkeit: Vor allem bezüglich den Wochenenden und am Abend (letzte Kurse), also in der arbeitsfreien Zeit.

2. Ausstattung: Neue Unterkategorien: Ganzjährige Angebote (z.B. Wanderweg), Periodische Angebote (z.B. Theater), Aperiodische Angebote (Ausstellung), Einzelveranstaltungen (Fest).

3. Landschaft: Gleiche Unterkategorien wie bei der Wohnfunktion

4. Belastungen: Gleiche Unterkategorien wie bei der Wohnfunktion

4. Ausblick/Ergebnisse

Weitere Arbeitsschritte stehen für meine Untersuchung bevor:

· Datenerhebung im Feld (Juni/Juli 1998)

· Auswertung: Kartenredaktion und Kommentierung, Interpretation (August/September 1998)

· Gegenüberstellung der Ergebnisse mit dem regionalen Raumentwicklungskonzept 98.

· Schlussredaktion der Diplomarbeit (Oktober 1998)

Matthias Kägi
Geographisches Institut Uni Bern
Gruppe Siedlung & Verkehr
Berchtoldstrasse 52
3012 Bern

Tel: 031/302 20 75

 

Beilage:

Karte mit Abgrenzung der Siedlungseinheiten und Testgebiet

In der Karte sind alle Hektardaten der Wohnbevölkerung zu Siedlungseinheiten zusammengefasst. Auf der Ebene der Siedlungseinheiten sind auch die weiteren Daten dargestellt, da Gemeindedaten zu verschiedenen Merkmalen zu grob wären: Die Unterscheide in ihrer räumlichen Verteilung zwischen den Siedlungseinheiten werden als allgemein grösser angenommen als jene zwischen den Gemeinden. Zudem wären die eigentlich genaueren Hektardaten zu unübersichtlich und kaum interpretierbar. Eine Aggregierung auf der Ebene der Siedlungseinheiten erscheint mir deshalb notwendig und zweckmässig.

Die Region EOS mit ihren 32 Gemeinden wurde in total 414 solcher Siedlungseinheiten eingeteilt und umfasst eine Gesamtwohnbevölkerung von 46'178 Einwohnern (Zahlen: 1990). Mit rund 9700 Einwohnern ist Lyss mit Abstand die grösste Siedlungseinheit, gefolgt von den weiteren Regionalzentren Aarberg und Ins mit 3400 bzw. 2700 Einwohnern. Weitere relativ grosse Siedlungseinheiten sind Schüpfen (2800 E) und Erlach (1050 E). Die restlichen Einwohner sind, abgesehen von den Gemeindehauptorten, in zahlreichen kleinen und ländlichen Streusiedlungen wohnhaft (Weiler und Einzelhöfe). In diesem Zusammenhang fällt auf, dass in vielen Gemeinden der Gemeindehauptort das eigentliche Zentrum bildet, und daneben relativ viele kleine Streusiedlungen mit vermutlich geringerer Infrastruktur bestehen (Bsp. Gemeinden Ins, Lyss). Bei anderen Gemeinden ist dieser Kontrast weniger deutlich, sie sind aber in der Minderzahl: Radelfingen, Seedorf, Wengi und Rapperswil. Als Testregion für die Eignungsabklärung Landwirtschaft, Wohnen und Erholung wurde das Gebiet der 6 EOS-Gemeinden Seedorf, Aarberg, Bargen, Walperswil, Siselen und Lüscherz ausgewählt. Die Testregion weist im Vergleich zu der Gesamtregion EOS eine Fläche von 5460 ha (EOS: 25'986.5 ha) und eine Wohnbevölkerung von 8'816 Einwohnern (EOS: 46'178 Einwohner; Zahlen: BfS 1996 bzw. 1990) auf, verteilt auf 72 Siedlungseinheiten (EOS: 414 Siedlungseinheiten). Bei den ausgewählten Gemeinden wurde auf eine sinnvolle Mischung der verschiedenen Merkmale auf Ebene der Gesamtregion EOS geachtet: Es handelt sich einerseits um sehr ländliche Gemeinden, die im bevorzugten Landwirtschaftsgebiet liegen, aber auch optimale Flächen für Industrie und Wohnbau darstellen (Lüscherz, Siselen, Bargen und Seedorf) und daher ein grosses Konfliktpotential aufweisen. Unterschiede dürften auch in der Qualität der Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr zu erwarten sein, was sich wiederum stark auf die Standorteignung für die Funktionen Wohnen und Erholung auswirkt. Lüscherz wurde als einzige Seegemeinde auch aus Gründen ihrer Relevanz in Bezug auf die Erholungsfunktion ausgewählt. Mit Aarberg wurde eine der beiden Zentrumsgemeinden miteinbezogen: Industrie, Dienstleistungen, relativ gute Erschlossenheit durch den öffentlichen Verkehr (ÖV-Linie Biel - Lyss - Aarberg - Kerzers), grosses Wohnangebot und gute Infrastruktur. Die Wahl fiel hier nicht auf Lyss, weil dabei der Kontrast dieser "städtischen” Gemeinde zu den anderen Gemeinden zu gross gewesen wäre. Mit Aarberg befindet man sich sozusagen in einer guten Mitteposition. Auch die Gemeinde Walperswil weist eine interessante Durchmischung der Erwerbsstruktur und dem Pendlerverhalten auf. Mit Seedorf wurde schliesslich eine sechste Gemeinde aufgenommen, die eine typische Streusiedlungsstruktur mit vielen Einzelhöfen aufweist und das Frienisbergplateau als typisches Molassehügelland vertritt. Mit diesen sechs Gemeinden ergibt sich ein gutes Querprofil durch die Gesamtregion EOS.

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