IKAÖ - Öffentliche Vortragsreihe Grosschutzgebiete

Biosphärenreservat Entlebuch: Partizipation und Kooperation als Schlüsselfaktoren für die nachhaltige Entwicklung

Dr. Engelbert Ruoss
Regionalmanager Biosphärenreservat Entlebuch

„Erhalten, Entwickeln und Kooperieren“ ist die langfristige Ausrichtung des Biosphärenreservats Entlebuch. Damit sollen die einzigartige, geschützte Natur- und Kulturlandschaft, speziell die Moorlandschaften und Karstgebiete, erhalten und gleichzeitig eine nachhaltige Regionalentwicklung realisiert werden. Mit einem Kooperationsmodell wird ein nachhaltiges Wachstum und Wohlstand fürs Entlebuch ermöglicht. Die Methode TardDec Leadership System, verknüpft mit den Erfahrungen aus dem Entlebuch Prozess, macht das Modell für andere Regionen reproduzierbar.

Eine einzigartige Natur- und Kulturlandschaft

Bedingt durch Topographie, Boden, Klima und Erschliessung weist das Entlebuch suboptimale Standorteigenschaften für Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe auf. Was das Landschaftsbild sowie die Pflanzen- und Tierwelt betrifft, verfügt die Kulturlandschaft Entlebuch über Besonderheiten von (inter-)nationaler Bedeutung. Weite Teile des Entlebuchs werden von wertvollen und vielseitigen Lebensräumen geprägt. Dazu gehören insbesondere extensiv genutzte Grünland-Ökosysteme, Hoch- und Flachmoore, Auenwälder entlang der Kleinen Emme und der Grossen Entlen, Heckenlandschaften und naturnahe Wälder in grossflächiger und abwechslungsreicher Ausdehnung.

Das Biosphärenreservat Entlebuch umfasst die acht Gemeinden des Planungsgebiets des Regionalplanungsverbands: Marbach, Escholzmatt, Flühli, Schüpfheim, Hasle, Entlebuch, Romoos, Doppleschwand. Von den 395 km2 sind rund 50 % landwirtschaftliche Nutzfläche und Alpgebiete sowie 43 % Wald. Bei den 2 % Siedlungsgebiet handelt es sich hauptsächlich um dörfliche Siedlungen, einige Industriebetriebe und touristische Infrastrukturen. Von den 17‘000 Bewohnern des Entlebuchs sind rund 8000 berufstätig, wovon je ein Drittel in der Landwirtschaft und im Tourismus. Von den rund 1200 Landwirtschaftsbetrieben sind noch 83 % Haupterwerbsbetriebe, 39 % der Erwerbstätigen sind im ersten Sektor tätig. Die grösseren Arbeitgeber sind die Bergbahnen Sörenberg und Marbach, sowie die fünf grösseren Industriebetriebe und das lokale Gewerbe.

Das Biosphärenreservat Entlebuch

Das RegioPlus Projekt (1998 - 2001) verfolgte das Ziel, im Entlebuch ein UNESCO Biosphärenreservat zu errichten. Auf der Grundlage der regionalen Besonderheiten und Ressourcen des Entlebuchs und der angrenzenden Gebiete soll eine dauerhafte wirtschaftliche Entwicklung mit einem nachhaltigen Wachstum angestrebt werden. Mit einem unerwartet guten Resultat endete die Abstimmung über die finanzielle Unterstützung und die Etablierung des Biosphärenreservats Entlebuch. Im Durchschnitt stimmten 94 % der Anwesenden an den 8 Gemeindeabstimmungen im September 2000 den Vorlagen zu. Die Perspektive für die Zukunft, Partizipation der Bevölkerung, aussergewöhnliche Kommunikation sowie überzeugende Argumente waren wichtige Erfolgsfaktoren dieses Projekts.

Nach der Zustimmung durch die Regierung des Kantons Luzern und den Bundesrat anerkannte die UNESCO das Biosphärenreservat Entlebuch an der Bürositzung vom 20. September 2001. Das beratende Komitee des Internationalen Koordinationsrats (ICC) des Programms „Man and the Biosphere“ anerkannte den Prozess im Biosphärenreservat Entlebuch. Es beglückwünschte die Verantwortlichen zum höchst demokratischen Prozess der Etablierung des Biosphärenreservats Entlebuch, zur umfassenden Vision, die für das Management angewandt wurde sowie zum Vorgehen, indem die Gemeinden gemeinsam dem Biosphärenreservat zustimmten und die finanzielle Unterstützung zusicherten. Die UNESCO schlägt vor, dass das Entlebucher Modell der Mitwirkung der Bevölkerung publiziert und den anderen Biosphärenreservaten zur Verfügung gestellt wird.

Kooperationsmodell als Strategie für nachhaltiges Wachstum

Die nachhaltige Entwicklung wird angestrebt, indem regionale Strukturen geschaffen und Kooperationen innerhalb der Branchen, zwischen den Branchen sowie mit anderen Regionen aufgebaut werden. Damit werden die regionalen Stoffkreisläufe verbessert und die Wertschöpfung erhöht. Das langfristige Wachstum soll demnach durch die Ressourceneffizienz und das Innovationspotential in den Netzwerken sichergestellt werden. Das Regionalmanagement ist als professionelle Drehscheibe für Moderation, Koordination, Controlling und Marketing zuständig.

Das Modell Entlebuch wird reproduzierbar, weil methodisch vorgegangen wird. Das methodische Vorgehen macht durch stete Vereinfachung und Optimierung das Vorgehen für andere Regionen attraktiv und leicht umsetzbar. Dadurch kann ebenfalls die Eigendynamik entstehen, die erforderlich ist, um in einer globalen Perspektive Wirkung zu erzielen. Angewendet wird die Methode TarDec Leadership System. Durch das methodische Vorgehen können die Prozesse an Geschwindigkeit gewinnen, was für die Entwicklung der Wertschöpfung in der Region eine zusätzliche Wirkung ergeben wird. Die gesicherte wirtschaftliche Perspektive wird somit zur Voraussetzung für die Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft und der intakten Gesellschaftsstrukturen.

 


© 2002, IKAÖ, Universität Bern, Letzte Änderung: 23.12.2002 /