IKAÖ - Öffentliche Vortragsreihe 2004

Wie werden historisch gesehen technische Neuerungen verbreitet?
Das Beispiel der Schwemmkanalisation

Prof. Christian Pfister
Universität Bern, Historisches Institut

Abstract

Im Ancien Regime wurden Fäkalien in Städten von den Hausbesitzern in Sickergruben aufgefangen und in die Flüsse eingeleitet, seltener in der Landwirtschaft des Umlandes als Dünger eingesetzt. Es wird erläutert, aus welchen Gründen diese herkömmlichen Entsorgungsmethoden im 19. Jh. zur Disposition standen und welche Alternativen sich zur Lösung der so genannten Kloakenfrage anboten. Die Befürworter des Tonnen- oder Kübelsystems stellten die Idee des Recyclings von Nährstoffen in den Vordergrund, während die Verfechter des heute geläufigen Systems der Schwemmkanalisation mit medizinischen Gesichtspunkten und aus der Perspektive der grösstmöglichen Bequemlichkeit argumentierten. Die Konsequenzen einer Einleitung immer grösserer Schmutzwassermengen in die Gewässer wurden vorausgesehen, aber biologische Alternativen –die sogenannten Rieselfelder – galten als zu teuer. 1917 musste die Stadt St. Gallen, die nicht an einem wasserreichen Fluss lag, die erste (mechanische) Kläranlage der Schweiz erstellen.

 


© 2002, IKAÖ, Universität Bern, Letzte Änderung: 04.12.2003 /