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Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ)

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Veranstaltungen

Kleine Teile mit grosser Wirkung - Versicherungsschutz für welche Risiken?

Dr. Thomas Epprecht
Swiss Reinsurance Company
Risk Engineering Services

Zusammenfassung:

Neuen Technologien ist eines gemeinsam: sowohl ihr Chancen- als auch ihr Risiko­potenzial zeigt sich erst allmählich. Als Risikoträger sind die Versicherungsunternehmen indes darauf angewiesen, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu verstehen. Nur dann sind sie in der Lage, ihre Kunden nachhaltig gegen die finanziellen Folgen von Schadenfällen abzusichern und damit der Gesellschaft als Ganzes das Eingehen von Risiken zu ermöglichen.

Solange die Schadenerfahrung mit der Nanotechnologie fehlt, überwiegen - wie bei anderen Innovationen auch - zunächst die versicherungsmathematischen Unsicherheiten. Bei Risikobeurteilungen betritt man Neuland, Vergleiche mit Schadenfällen traditioneller Technologien sind oft von bedingtem Wert, und die Aussagekraft von Analogieschlüssen ist begrenzt. Deshalb reagiert die Assekuranz vielfach früher und empfindlicher auf technologische Veränderungen als andere Stakeholder.

Wo Vergleichsmöglichkeiten fehlen, müssen Versicherer über die klassische Versicherungsmathematik hinausschauen. Die Nanotechnologie wird nicht nur die Gesellschaft beeinflussen, sondern auch ihren Umgang mit Risiken. Grundsätzliche Auswirkungen auf das Rechtssystem sind zwar unerwünscht, aber nicht auszuschliessen. Gesetzgeber und Behörden können dem vorbeugen, indem sie sich auf das nachgelagerte Recht konzentrieren und Prüfverfahren sowie die Zulassungsbedingungen frühzeitig anpassen. Versicherer und Industrie ihrerseits sollten sich gemeinsam und aktiv an der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen beteiligen. Weil die Entwicklung der Nanotechnologie rasch voranschreitet und immer mehr Konsumgüter auf den Markt kommen, die auf Nanotechnologie basieren, ist es nie zu früh, die notwendigen Grundlagen zur Risikobeherrschung zu erarbeiten.

Eine nachhaltige Einführung der Nanotechnologie bedarf einheitlicher, risikoadäquater Beurteilungskriterien, die den speziellen Eigenschaften von Nanomaterialien Rechnung tragen. Dies verringert nicht nur Unsicherheiten, sondern schafft auch ein günstiges Investitionsklima. Die Herausforderung besteht darin, jene Kriterien herauszuarbeiten, die für die Veränderung des Risikoprofils von Branchen und Materialien entscheidend sind, wenn Produktionsmethoden zunehmend auf Nanotechnologie beruhen.

Werden diese Herausforderungen gemeistert, werden Forschende in öffentlichen und privaten Einrichtungen in der Lage sein, auch die Kehrseite der Nanotechnologie nach wissenschaftlich erprobten, vergleichbaren Kriterien zu beurteilen. Und Behörden und Versicherer, aber auch alle anderen an der Risikobeherrschung interessierten Stakeholder werden sich für künftige mögliche Schäden wappnen und mit Augenmass reagieren können. Eine neue Technologie bietet immer Chancen und Risiken; es liegt indes an der Gesellschaft zu entscheiden, ob die Vorteile die möglichen Nachteile überwiegen und allgemein geteilte Wertvorstellungen respektiert werden. Dies ist ein Prozess, der in einer pluralistischen Gesellschaft nicht immer einfach ist, und der Risikokompetenz, Umsicht, Respekt, Augenmass und Toleranz erfordert.

 

Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) der Universität Bern (1988-2013)
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