Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) |
Kooperative Bewertung und Kommunikation der systemischen Risiken ubiquitärer Informations- und Kommunikationstechnologien
Ein Projekt des BMBF Programms „Sozial-ökologische Forschung“. Themenbereich Strategien zum Umgang mit systemischen Risiken
Projektpartner
Ecolog Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung GmbH, Hannover
Sinus Sociovision GmbH, Heidelberg
Infos zum Gesamtprojekt
Projektverantwortliche IKAÖ
Projektbeschreibung (Beitrag IKAÖ am Gesamtprojekt)
Hintergrund Der rasante Fortschritt im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ist ungebremst; Sensoren und Prozessoren werden leistungsfähiger, kleiner und billiger. Diese Trends ermöglichen eine zunehmende Integration von IKT-Komponenten in Alltagsgegenstände. Solche so genannten „smarten“ Objekte werden durch ihre Ausstattung mit IKT befähigt, mit ihren Benutzern, wie auch untereinander, zu interagieren und sensibel auf ihre Umgebung zu reagieren. Diese technologischen Möglichkeiten wecken Visionen, welche mit dem Kürzel AACC (anytime anywhere communicating and computing) umfasst werden können; Lebenswelten, welche durchdrungen sind von ubiquitären oder allgegenwärtigen IK-Technologien, die jederzeit und überall Informationsaustausch und Kommunikation zu lassen.
Sowohl bei der Entstehung von wie auch beim Umgang mit Risiken neuer Technologien spielt das menschliche Verhalten eine zentrale Rolle. Es sind die Menschen, welche die Technologien nutzen und bedienen, wobei diese Nutzung die von den Produzenten intendierte sein kann, aber nicht sein muss. Gerade unerwartete und unerwünschte Nebenfolgen können dadurch entstehen, dass Technologien fehlerhaft oder anders als erwartet miss- oder gebraucht werden. Wie in Zukunft ubiquitäre IK-Technologien genutzt werden, ist insbesondere in Hinblick auf den systemischen Charakter der AACC-Risiken ausschlaggebend. Durch die zunehmende Vernetztheit von IKT-Komponenten sind AACC-Welten besonders sensibel für systemische Risiken. Durch diese Vernetztheit kommt es zu einer erhöhten Abhängigkeit einzelner Teilsysteme (z.B. privates Heim, Finanzwelt, Gesundheitswesen), wodurch auch Bagatell-Vorfälle Kettenreaktionen auslösen und weit reichende Schäden provozieren könnten. Handlungen einzelner Akteure werden somit durch die systemische Struktur der AACC-Welten multipliziert und akzentuiert. Somit könnten gewollte und ungewollte „Fehlverhalten“, wie das Beispiel der Computerviren zeigt, negative Konsequenzen nicht nur für einzelne Individuen oder Teilbereiche, sondern Sekundäreffekte für weitere Bereiche, wenn nicht sogar das ganze System, haben.
Es ist deshalb von grosser Wichtigkeit, dem möglichen menschlichen Verhalten im technologischen Entstehungs- und Verbreitungsprozess von zukünftigen IKT besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Ziel Erforschung der Relevanz des menschlichen Verhaltens in Bezug auf Risiken ubiquitärer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) anhand folgender Fragestellungen:
Methode Zur Untersuchung der Forschungsfragen wurden verschiedene methodische Perspektiven gewählt. Zum einen wurden in qualitativen Interviews mit Hilfe der visuellen „Cognitive Mapping“-Methode die mentalen Modelle von Personen zur Ursache-Wirkstruktur ubiquitärer IKT-Risiken erforscht. Die so identifizierten Konzepte wurden darauf in ein statisches Modell integriert, welches mit der Berechnung von Strukturgleichungsmodellen empirisch überprüft wurde. Die Datenbasis hierzu stammte aus einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, welche in Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern durchgeführt wurde. Schlussendlich wurden die so gewonnenen Ergebnisse in ein dynamisches Konzeptmodell integriert, welches half, den individuellen Risikobewertungs- und Intentionsbildungsprozess besser zu verstehen.
Haupterkenntnisse Als Haupterkenntnisse können mehrere Punkte hervorgehoben werden. So ziehen Personen unterschiedliche Reaktionen auf die Wahrnehmung der Risiken ubiquitärer IKT in Betracht, welche zur Bewältigung der Risiken mehr (wie zum Beispiel die Suche nach Informationen zum Umgang mit den Risiken) oder weniger (technologischen Angeboten ausweichen) dienlich sind. Zweitens ist die ambivalente Rolle der empfundenen negativen Emotionen zu erwähnen. Negative Emotionen üben einerseits einen starken positiven Effekt auf die individuelle Risikobewertung aus, welche es ihrerseits braucht, damit Personen überhaupt Risikobewältigungsmöglichkeiten in Betracht ziehen. Andererseits scheint sich bei starken negativen Emotionen die Priorität von der Kontrolle des Risikos hin zur Verminderung der unangenehmen Emotionen zu verschieben. Dies wird getan, indem das Risiko zum Beispiel verdrängt oder heruntergespielt wird. Und schlussendlich scheint auch die Bewertung der Bewältigungsmöglichkeiten zentral. Nur wenn diese positiv ausfällt, werden Intentionen für protektive Massnahmen gebildet.
Publikationen
Der Schlussbericht erscheint nach Abschluss des Gesamtprojekts Ende 2010.
Kontakt
BMBF-Programm "Sozial-ökologische Forschung": Themenbereich Strategien zum Umgang mit systemischen Risiken