Forschung
Umweltverantwortliches Alltagshandeln in kommunalen Umfeldern: Theoretische Analyse,
empirische Untersuchung und Überwindung von Veränderungshindernissen
Ruth Kaufmann-Hayoz, Prof. Dr.
Wolfgang Gessner, dipl. Psych.
Susanne Bruppacher, lic. phil. hist.
Silvia Ulli-Beer, lic. rer. pol.
Matthias Vatter, stud. phil. hist.
Urs Wittwer, stud. phil. hist.
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"Wir hoffen, einen Beitrag zu leisten zur Überwindung
der Hindernisse, die individuellem, umweltverantwortlichem Handeln-Wollen
im Wege stehen." Ruth Kaufmann-Hayoz |
Ziele
Wir verfolgen in unserem Projekt folgende drei Ziele:
- Erstens wollen wir die handlungstheoretischen Konzepte und Theorien,
die für das umweltrelevante Handeln von Einzelpersonen von Bedeutung
sind, aufarbeiten, systematisieren, bewerten und strukturiert darstellen.
- Zweitens wollen wir herausfinden, welche positiven und negativen
Erfahrungen Menschen machen, die ihr umweltrelevantes Verhalten verändern
wollen, und welche Resultate sie dabei erzielen. Wir haben dazu Personen
ausgewählt, die am Programm des "Global Action Plan" (GAP) teilnehmen.
- Drittens wollen wir zeigen, durch welche Massnahmen Gemeinden bessere
Voraussetzungen für umweltgerechtes Verhalten der Einwohnerinnen und
Einwohner schaffen können.
Fragen
In unserem Projekt sollen folgende Fragen untersucht werden:
- Welche handlungstheoretischen Konzepte haben sich bisher als relevant
für umweltorientiertes Handeln von Individuen erwiesen und welche weiteren
Ansätze und Konzepte können dafür fruchtbar gemacht werden?
- Welche Merkmale von Gemeinden und welche Massnahmen erleichtern resp.
erschweren die Umsetzung von umweltfreundlichen Vorhaben von Einzelpersonen?
- Welche Bedingungen im sozialen Umfeld erleichtern resp. erschweren
die Umsetzung von umweltfreundlichen Vorhaben von Einzelpersonen und
wie wirken diese Bedingungen zusammen?
Methoden
Wir wollen die Fachliteratur zu wichtigen handlungstheoretischen Konzepten
auswerten. Dies erlaubt uns, umweltverantwortliches Handeln im Gesamtzusammenhang
menschlichen Handelns und Verhaltens zu betrachten. Aufgrund dieser Auswertung
werden wir Hypothesen formulieren über Faktoren, die umweltverantwortliches
Handeln erleichtern und erschweren.
Mit einem Fragebogen wollen wir Schlüsselkonzepte für umweltrelevantes
Handeln erheben. Diesen werden wir allen Haushalten in der deutschsprachigen
Schweiz, die in der Zeit von September 1997 bis März 1998 neu in das GAP-Programm
einsteigen, abgeben.
An einer Zukunftswerkstatt mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern des GAP-Programms
werden wir erfahren, welche Hindernisse diesen Personen beim Versuch,
ihr Verhalten zu verändern, begegnet sind. Wir werden so auch einen Einblick
gewinnen über ihre Vorstellungen und Erfahrungen darüber, wie diese Hindernisse
überwunden werden können. Interviews mit GAP-Teilnehmerinnen und Teilnehmern
sowie mit anderen Personen in verschiedenen Gemeinden werden uns schliesslich
helfen, die an der Zukunftswerkstatt und durch die theoretische Analyse
gewonnenen Erkenntnisse zu präzisieren.
Die Rahmenbedingungen, welche in einer Gemeinde für umweltverantwortliches
Handeln gegeben sind, sollen mit Hilfe einer Systemanalyse untersucht
und bewertet werden.
Ergebnisse
Die wichtigsten Ergebnisse dieses TP auf der empirischen Ebene sind:
- Eine genaue Beschreibung jenes Segmentes der Bevölkerung, das
sich im Bereich des privaten Alltags für Umweltziele engagiert
und bei einer entsprechenden Organisation (GAP) mitmacht. Die untersuchten
Personen zeichnen sich erwartungsgemäss aus durch ausgeprägte
proökologische Wertorientierungen und kognitive wie emotionale
Beschäftigung mit der Umweltproblematik; sie nehmen die Umweltrisiken
als gross und nicht tolerierbar wahr und stufen den gesellschaftlichen
Handlungsbedarf als sehr hoch ein; sie messen dem individuellen Handeln
grosse Bedeutung bei und realisieren selber viele umweltfreundliche
Verhaltensweisen; die von ihnen wahrgenommenen Hindernisse sind in erster
Linie sozialer und ökonomischer Art (mangelnde soziale Unterstützung
und ungünstige Kosten- und Anreizstrukturen); sie neigen dazu,
das Ausmass negativer ökologischer Folgen des eigenen Handelns
zu unterschätzen.
- "Lebensqualität" in der Gemeinde erweist sich als
zentrales Konstrukt: es verbindet die drei Ebenen Gemeinde-Soziales-Persönliches
und ist der wichtigste Ansatzpunkt, wenn es darum geht, die Einwohner/-innen
einer Gemeinde für soziale und ökologische Anliegen (die oft
als stark miteinander verbunden wahrgenommen werden) zu gewinnen.
- Die Strategie von GAP, umweltbezogene Wissensvermittlung und die
Reflexion über eigenes Handeln in einen sozialen Kontext (Bildung
von Teams und eines Netzwerks) zu stellen, ist grundsätzlich als
zielführend zu betrachten; sie bedarf allerdings der sichtbaren
öffentlichen Unterstützung und eines professionellen Coachings.
- Das Verfahren der Modellmoderation ermöglicht es Gemeindebehörden,
sich über ihre eigenen Überzeugungen bezüglich der Beeinflussbarkeit
des privaten Handelns der Einwohner/-innen klar zu werden und neue Handlungsmöglichkeiten,
insbesondere im Bereich der Kommunikationsinstrumente und im Hinblick
auf eine optimale Wahl und Ausgestaltung eines "Instrumentenmix",
zu erkennen.
Auf der theoretischen Ebene besteht das Projekt-Ergebnis in einer umfangreichen
Sammlung von vertiefenden Texten und Literaturauswertungen zu den für
das Projekt formulierten "Schlüsselkonzepten", die das
relevante Wissen verschiedener Disziplinen erschliessen. Diese Schlüsselkonzepte
sind Bausteine für eine innovative Theorie des personalen Handelns,
die den Optionen und Restriktionen der objektiven Handlungssituation und
der subjektiven Wahrnehmung dieser Optionen und Restriktionen sowie den
persönlichen Handlungszielen gleichermassen Rechnung trägt.
Poster
Poster
präsentiert am
Abschlussanlass des IP
Susanne Bruppacher
Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie
Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) der Universität Bern (1988-2013)