Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) |
Die Akteure in der Region der Reblandschaft Bielersee sind gegenwärtig
mit verschiedenen räumlichen und gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen
konfrontiert. Räumliche Prozesse (u.a. Periurbanisierung) führen
dazu, dass sich die Agglomerationen und die gut erschlossenen Landgemeinden
immer rascher ausdehnen. Gemäss der Arealstatistik Schweiz vergrösserten
sich die Siedlungsflächen zwischen 1979/85 und 1992/97 pro Sekunde um
0.86 Quadratmeter. Dieser Wandel ging im Wesentlichen auf Kosten der landwirtschaftlichen
Nutzflächen, die bereits durch die Modernisierung der Landwirtschaft und
die damit verbundene Intensivierung der Landnutzung von einem Verlust an landschaftlichen
Kleinstrukturen (u.a. Trockenmauern, Obstbäume und Hecken) betroffen ist.
Gesellschaftliche Prozesse (u.a. Wertewandel, wohlstandsbedingte Verhaltensänderungen
und soziale Mobilität) sind dafür verantwortlich, dass sich die lokale
Bevölkerung immer mehr aus ihrer Alltagslandschaft zurückzieht. Während
traditionellerweise fast alle Einwohner über ihr privates oder kollektives
Eigentum die Alltagslandschaft direkt gestalten konnten, muss heute die grosse
Masse der landlosen Einwohner den Umweg über die Politik nehmen.
Bisher konnten diese Entwicklungen in einem Rahmen gehalten werden, der die
Qualitäten der Reblandschaft Bielersee (u.a. Eichenwälder, Felsenheiden,
Rebberge und Winzerdörfer) nicht substanziell beeinträchtigt hat,
wie die Inventarisierung im BLN zeigt. Es wird jedoch angenommen, dass die
bestehenden institutionellen Rahmenbedingungen den aktuellen Entwicklungstendenzen
nicht gewachsen sind. Dies gilt sowohl für die Eigentumsrechte als auch
für die öffentlichen Politiken (u.a. Natur- und Heimatschutz, Raumplanung
und Umweltschutz). Letzteres wird durch die kritische Evaluation
des BLN durch
die Parlamentarische
Verwaltungskontrollstelle (PVK) unterstrichen. Gefordert
sind deshalb umso mehr die lokalen und regionalen Akteure. Diese haben in der
Vergangenheit mehr als einmal, legitimiert durch gesellschaftliche Normen (u.a.
Naturschutz, Heimatschutz, Landschaftsschutz, Umweltschutz), dazu beigetragen,
dass die Qualitäten der Reblandschaft Bielersee nicht substanziell beeinträchtigt
wurden. Gegenwärtig nimmt die gesellschaftliche Norm der nachhaltigen
Entwicklung eine solche Hilfestellung ein, da die aktuellen räumlichen
und gesellschaftlichen Prozesse deren zentrale Postulate tangieren. Bei der
institutionellen Verankerung dieser Norm steht die Schweiz jedoch erst am Anfang
eines historischen Prozesses.