Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) |
Schriftenreihe "Studentische Arbeiten an der IKAÖ"
Suzanne Dreier, Sabine Huynen, Andreas Indermühle, Martin
Jaggi, Thomas Kunz
Juni 1997
Im Jahr 1993 wurden mit dem neuen Artikel im Landwirtschaftsgesetz (Art. 31b) neue Direktzahlungen eingeführt: Flächenbeiträge für die Produktion nach IP- oder Bio-Richtlinien und Direktzahlungen für sog. ökologische Ausgleichsflächen. Ziel der Schaffung ökologischer Ausgleichsflächen (öAf) ist eine Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und die Erhaltung der Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen. Das Ausscheiden von mindestens fünf Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche als öAf ist Voraussetzung für die Anerkennung eines Betriebes als IP- oder Biobetrieb.
Der Regionalplanungsverband Erlach/Östliches Seeland (RPV EOS), der kurz vor der Konkretisierung des regionalen Landschaftsentwicklungskonzeptes steht, zeigt sich an der ökologischen Bedeutung und den betriebswirtschaftlichen Konsequenzen der öAf interessiert.
In der interdisziplinären Arbeit präsentieren wir die Ergebnisse unserer Untersuchung in zwei Gemeinden der Region EOS mit unterschiedlicher landwirtschaftlicher Struktur: Grossaffoltern (gemischte Bewirtschaftungsweise) und Müntschemier (Gemüseanbau).
Mit dieser Arbeit wollen wir einen Beitrag zur Frage liefern, wie eine Landschaft mit öffentlichen Massnahmen ökologisch sinnvoll und effizient entwickelt werden kann. Folgende Aspekte werden untersucht: Die Landschaftsentwicklung der Region, die betriebswirtschaftlichen Konsequenzen der öAf, Bestand der öAf in den zwei Gemeinden und die Beweggründe der Bewirtschafter/innen zum Anlegen von öAf und zum Einstieg in regionale Ökologieprojekte. Wichtige Fragen: Werden die ökologischen Flächen willkürlich oder im Rahmen eines Landschafts-Richtplanes angelegt? Erfolgt die Extensivierung der Landnutzung? Welche Unterschiede sind zwischen den beiden Gemeinden festzustellen?
Es stellt sich heraus, dass die grosse Marktnähe die Einstellung der gemüseproduzierenden Bauern und Bäuerinnen in Müntschemier zur Ökologisierung positiv beeinflusst. Dagegen besteht in Grossaffoltern eine grosse Unsicherheit gegenüber den Ökologisierungsmassnahmen. In Müntschemier erfolgt eine Extensivierung, dies im Gegensatz zu Grossaffoltern mit einer vergleichsweise weniger intensiven und naturnäheren Landnutzung. Grossaffoltern weist einen sehr grossen Anteil bereits bestehender naturnaher Kulturraumbiotope auf, welche nun als öAf ausgeschieden werden. In Müntschemier müssen (mangels bestehender) naturnaher Strukturen neue erst geschaffen werden. In beiden Gemeinden sind mindestens Ansätze einer Koordination zwischen Richtplänen und dem Anlegen der Ausgleichsflächen erkennbar, wobei die Koordination in Müntschemier aus strukturellen und historischen Gründen weiter gediehen ist. Es wird allseits betont, dass die Gemeinden in diesen Fragen eine Koordinationsfunktion ausüben müssen. Übereinstimmung herrscht in beiden Gemeinden bezüglich des Anlasses: Weil (gerade mit der Annahme des neuen Landwirtschaftsartikels in der Bundesverfassung) die Integrierte Produktion zum Minimalstandard wird, sind die Bauern und Bäuerinnen praktisch gezwungen, Ausgleichsflächen anzulegen, damit sie von den entsprechenden Direktzahlungen für IP bzw. Bio-Produktion profitieren können.
Diese Arbeit kann über den Buchhandel oder bei der Bibliothek Nachhaltige Entwicklung bestellt werden.