Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) |
Dr. Bernard Aebischer
ETH Zürich, Centre for Energy Policy & Econmics (CEPE)
Zusammenfassung:
Trotz gewaltigen technischen Effizienzverbesserungen in den letzten 20-30 Jahren hat der Stromverbrauch in der Schweiz stetig zugenommen. Dafür sind verschiedene Faktoren verantwortlich: Bevölkerungswachstum, Wohnfläche pro Person, Rückgang der Anzahl Personen pro Haushalt, Einkommenssteigerung (Wachstum der Konsumausgaben), Diffusion der elektrischen und elektronischen Geräte, grössere oder stärkere Geräte, neue Stromanwendungen, Intensivere Nutzung der Geräte, Substitution von fossilen Energieträgern durch Strom und wohl noch einige mehr. Diese verbrauchssteigernden Faktoren haben in der Vergangenheit die Einsparungen infolge technischer Verbesserungen überkompensiert.
Soll nun der Stromverbrauch tatsächlich reduziert werden, gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: die technischen Verbesserungen müssen noch schneller erfolgen oder die verbrauchssteigernden Faktoren müssen gedämpft werden. Im aktuellen energiepolitischen Diskurs wird fast ausschliesslich der erste Weg thematisiert. „Energiesparen“ und „haushälterisch mit Energie umgehen“ sind Begriffe/Strategien, die kaum jemand thematisiert (in den Mund zu nehmen wagt).
Im Rahmen der Energieperspektiven des Bundesamtes für Energie wurden vier „Policy“-Szenarien I bis IV mit jeweils strengeren Anforderungen an die Energieeffizienz der Geräte durchgerechnet. In den ersten beiden Szenarien I „Weiter wie bisher“ und II „Verstärkte Zusammenarbeit“ steigt der Stromverbrauch stetig an - wenn auch längerfristig weniger schnell als heute. Erst in den Szenarien III „neue Prioritäten“ und IV „Auf dem Weg zur 2000 Watt Gesellschaft“ stabilisiert sich der Stromverbrauch im Haushalt (Szenario III) und nimmt im Szenario IV nach 2015 sogar leicht ab und erreicht im Jahre 2035 wieder das Niveau von 2000. Dazu ist neben einer „Bestgerätestrategie“ auch eine Energieabgabe notwendig, die den Strompreis für den Endkonsumenten in etwa verdoppelt. Eine solche Abgabe ist heute in der Schweiz nicht „machbar“. Dazu ist ein Umdenken und eine Verhaltensänderung bei allen relevanten Akteuren – auch beim „einfachen Bürger“ (Stichwort Volksabstimmung) notwendig. Und auch die „Bestgerätestrategie“ führt nur zum Ziel, falls diese Geräte auch energiebewusst genutzt werden: „Suboptimales Verhalten (z.B. Spülgang mit nicht vollem Geschirrspüler, Waschgang mit halbvoller Waschmaschine, Trocknungsgang mit teilgefülltem Wäschetrockner) wird vermieden.“ (Hofer, 2007, S. 228)
Um in Richtung hochgesteckter Ziele, wie die 2000 Watt Gesellschaft zu gehen, muss der Begriff Energieeffizienz, der heute meistens auf die technischen Komponente reduziert ist, um die Nutzungs-/Verhaltens-Komponente und um die Mengenkomponente angereichert werden. Und ein gutes Mass für diese erweiterte Energieeffizienz (rationelle Energienutzung) ist insbesondere für die Schweiz mit einem relativ stabilen Bevölkerungsbestand die Grösse „Energie pro Person“ oder eben „Watt pro Person“. Neben dem technischen Wirkungsgrad einer Maschine, ist hier auch ihre Nutzung und die Anzahl Maschinen pro Person enthalten.
Literaturhinweise: Hofer, Peter, 2007. Der Energieverbrauch der Privaten Haushalte, 1990 – 2035. Ergebnisse der Szenarien I bis IV und der zugehörigen Sensitivitäten BIP hoch, Preise hoch und Klima wärmer. Bundesamt für Energie, Bern, Mai 2007
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