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Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ)

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Veranstaltungen

Nachhaltige Unternehmen – Initiativen, Erfahrungen, Herausforderungen

Dr. Lothar Rieth, Energie Baden Württemberg AG (EnBW AG), Referent im Bereich Corporate Responsibility, Nachhaltigkeit und Unternehmenspositionierung

Gesellschaftliche Verantwortung im Wandel

In den zwanzig Jahren seit der Umweltkonferenz von Rio de Janeiro hat sich die Rolle von Unternehmen stark gewandelt. Stand damals noch generell zur Debatte, ob Unternehmen direkt an den Verhandlungen teilnehmen sollen und ob ihnen überhaupt eine zentrale Rolle bei der Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme zu kommt, so steht heute vielmehr im Vordergrund, welche konkrete Form das nachhaltige Wirtschaften von Unternehmen zukünftig annehmen soll. Im Referat wird insbesondere auf die wichtigsten Erfahrungen von Unternehmen bei der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung in den letzten zwei Jahrzehnten, auf bestehende und neu aufkommende Initiativen zur Förderung von unternehmerischer Verantwortung sowie auf die aktuellen Herausforderungen von Unternehmen in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit eingegangen. Diese drei zentralen Aspekte sollen aus der Sicht der Privatwirtschaft im Allgemeinen und eines Unternehmens der Energiewirtschaft im Besonderen diskutiert werden.

Nachhaltigkeit: Sicherheit und Umweltschutz (Carbon Footprint)

In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich Unternehmen - insbesondere Großunternehmen - intensiv mit der Frage der Bedeutung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinandergesetzt. Viele Fragen sind dennoch nicht abschließend beantwortet: Wo beginnt ihre Verantwortung und wo hört sie auf? Bei Energieunternehmen stand in der Vergangenheit vor allem der zentrale Aspekte ‚Sicherheit‘ im Mittelpunkt: Das hohe Gut der Versorgungssicherheit der Gesamtbevölkerung, die Sicherheit von Anlagen wie auch der Arbeitsschutz von Mitarbeitenden und die Sicherheit der benachbarten Bevölkerung. Mit dem Aufkommen der Wertediskussion begannen viele Unternehmen zunächst mit Einzelmaßnahmen in ausgewählten Teilbereichen wie Umweltprojekten oder der Stärkung ihres gemeinnützigen Engagements. Heute wird immer stärker die Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette thematisiert und schrittweise in die Unternehmensstrategie integriert. Im Referat wird insbesondere der „Carbon Footprint“ von Energieunternehmen sowie diverse Prozesse der Wertschöpfungskette von Unternehmen durchleuchtet.

Kollektive globale Nachhaltigkeitsinitiativen als Treiber des Wandels

Weiterentwicklungen im Bereich von sozialer und ökologischer Unternehmensverantwortung beginnen häufig bei einzelnen Unternehmen und werden auf der nationalen wie internationalen Ebene durch kollektive (Multi-Stakeholder-) Initiativen mit gefördert und unterstützt. Zu einer der etablierten Initiativen zählt der Global Compact der Vereinten Nationen, der 1999 vom damaligen Generalsekretär Kofi Annan aus der Taufe gehoben wurde. Die Arbeitsgrundlage des Global Compact bilden die nunmehr zehn Leitprinzipien in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitnehmerschutz, Umweltschutz und Anti-Korruption. Bisher haben sich weltweit mehr als 6'000 Unternehmen zu den Prinzipien des Global Compact bekannt.
Zu den neueren Initiativen zählt das International Integrated Reporting Committee (IIRC). Es wurde 2010 vom Prince’s of Wales Accounting for Sustainability Project und der Global Reporting Initiative (GRI) begründet und hat sich zum Ziel gesetzt, die Unternehmensberichterstattung weiterzuentwickeln. Neben der Stärkung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sich in den letzten Jahren insbesondere über die GRI immer mehr zu einem de facto-Standard entwickelt hat, soll mit der Förderung der Integrierten Berichterstattung eine stärkere Verknüpfung von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichterstattung erfolgen. Im Blick haben die Gründer und Architekten der IIRC insbesondere die Kapitalmärkte (Investoren und Analysten), die immer mehr auch an nicht-finanziellen Kennzahlen Interesse zeigen, um langfristige Risiken besser einschätzen zu können und gleichzeitig mehr Informationen aus der aktuellen Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zu ziehen. Wie fast alle Unternehmen aus dem Energiesektor bekennt sich auch die EnBW AG zu den Prinzipien des Global Compact. Der Idee des IIRC stehen viele Unternehmen offen gegenüber. 40 Unternehmen weltweit, darunter die EnBW AG, haben sich darüber hinaus entschlossen, an einem Pilotprojekt zur Umsetzung des IIRC-Rahmenwerks teilzunehmen und ihre Erfahrungen mit in die Weiterentwicklung dieses Rahmenwerks einfließen zu lassen.

Herausforderungen für die Zukunft von Gesellschaft und Wirtschaft

Zwanzig Jahre nach der ersten Konferenz von Rio haben sich die Erwartungshaltungen an Unternehmen sehr gewandelt. Katalysiert  durch mehrere Finanz- und Wirtschaftskrisen wurde das Vertrauen in die Privatwirtschaft und ihre Unternehmen zudem stark beeinträchtigt. Unternehmen haben daher heutzutage ein Bewusstsein ausgebildet, ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und ihr Kerngeschäft nach den Möglichkeiten nachhaltigen Wirtschaftens auszurichten. Auf der Rio-Konferenz im kommenden Jahr steht die Entwicklung einer Green Economy im Vordergrund, Unternehmen sind aufgefordert zu prüfen, welchen Beitrag sie leisten können und wollen. Dabei stehen Energieunternehmen unter besonderer Beobachtung. Die Ereignisse von Japan/Fukushima haben in Deutschland die Energiewende beschleunigt. Die Beschlüsse vom Oktober 2010 wurden revidiert und der Ausstieg aus der Kernkraft bereits für das Jahr 2022 beschlossen. Damit ist die Erreichung der Klimaziele, insbesondere für Energieunternehmen, erschwert worden. Der Ausstieg aus der Kernenergie führt notgedrungen zu einer verstärkten Nutzung von fossilen Energieträgern, u.a. Kohlekraftwerken, was, trotz der Erhöhung des Wirkungsgrades und dem Einbau von mehreren Filterstufen, zu einer entsprechend hohen CO2-Belastung führt. Die EnBW stellt sich dieser Ausgangssituation und ist bestrebt mit ihrer strategischen Ausrichtung ihr Profil als CO2-armer Erzeuger zu stärken und gleichzeitig – unter Berücksichtigung sich perspektivisch schrittweise verändernder Erzeugungsstrukturen – das Angebot ihrer dezentralen Lösungsangebote auszuweiten.

Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) der Universität Bern (1988-2013)
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