| Kontakt | Lageplan | Sitemap

Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ)

titelbild

Veranstaltungen

Energiewende - nicht ohne Wachstumswende!

PD Dr. Irmi Seidl
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Eidg. Forschungsanstalt WSL, Birmensdorf

Energieverbrauch und Wirtschaftswachstum sind eng gekoppelt. Das günstige Erdöl, dass uns ab den 1950ern zur Verfügung stand, war eine zentrale Voraussetzung für die rasante wirtschaftliche Entwicklung, die seither stattgefunden hat. Seit die fossile Energie nicht mehr ganz so günstig ist, ergreift die Politik eine Vielzahl von Massnahmen (z.B. Subventionen, Preiseingriffe, politische Einflussnahme), damit der Energiepreis nicht das Wirtschaftswachstum gefährdet. Doch eine Energiewende wird eine Verteuerung der Energiepreise implizieren (genauso ein Verharren auf dem Status quo!), denn es steht ein kostenintensiver Umbau der Energieversorgung an und der EROEI (Verhältnis von Energy Returned On Energy Invested) ist bei den alternativen Energien (ausser Wasser) weniger günstig als bei Öl oder Gas (d.h. es wird energetisch aufwendiger Energie zu produzieren; dies gilt auch für neue Methoden der Gewinnung fossiler Energien wie fracking, Ölschiefer oder Öl aus der Tiefsee).

Höhere Energiepreise werden den Energieverbrauch senken und das Wirtschaftswachstum bremsen, was klima- und energiepolitisch gewünscht sein müsste, haben wir doch bislang keine absolute Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energie- bzw. Ressourcenverbrauch beobachten können. Jedoch ist unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem existentiell auf Wirtschaftswachstum angewiesen, oder in anderen Worten: ein Rückgang des Wirtschaftswachstums gefährdet zentrale Bereiche und Institutionen unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Dies sind z.B. die Alterssicherung, das Gesundheitswesen, viele Unternehmen, insbesondere Aktiengesellschaften, das Finanzsystem, der Staatshaushalt.

Daraus folgt die These, dass eine Energiewende letztlich von Politik und Gesellschaft keine ausreichende Unterstützung erfahren dürfte, solange wir die gegenwärtige Wachstumsfixierung nicht überwinden. Entsprechend müssen die wachstumsabhängigen Bereiche umgebaut werden, um die gesellschaftlichen und ökonomischen Implikationen von sinkendem oder rückläufigem Wirtschaftswachstum durch steigende Energiepreise zu entschärfen und damit eine Blockade gegenüber der Energiewende abzuwenden.

Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) der Universität Bern (1988-2013)
© Universität Bern 01.11.2012 | Impressum