Interfakultäre Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) |
Prof. Helmut Segner
Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin, Universität Bern
Im Thunersee werden seit dem Jahr 2000 zahlreiche Felchen mit
verschiedenen Formen von Gonadenveränderungen beobachtet.
Betroffene Individuen finden sich in allen Altersklassen, bei Männchen
wie Weibchen sowie bei allen im Thunersee lebenden Ökoformen
der Felchen. Einzelfälle von Gonadenveränderungen können
bei Felchen offensichtlich spontan auftreten, die Situation am
Thunersee ist aber insofern einzigartig, als die Veränderungen
sehr vielfältig sind und eine hohe Prävalenz aufweisen.
Fische sind wichtige Bioindikatoren für ein intaktes See-Ökosystem.
Das Auftreten der Gonadenveränderungen hat daher zu Befürchtungen
Anlass gegeben, der Thunersee sei mit toxischen Stoffen, insbesondere
mit hormonaktiven Stoffen kontaminiert. Die prinzipielle Fähigkeit
von hormonaktiven Substanzen, Gonadenveränderungen bei Fischen
auszulösen, ist durch eine Vielzahl von Labor- und Freilandstudien
belegt.
Um zu klären, ob die Gonadenveränderungen der Thunersee-Felchen
tatsächlich durch hormonaktive Substanzen ausgelöst sind,
werden zur Zeit eine Reihe von Forschungsarbeiten durchgeführt:
Zum einen wird untersucht, ob die Gonadenveränderungen der
Felchen tatsächlich ein Thunersee-spezifisches Problem sind,
oder ob entsprechende Veränderungen auch in anderen Seen vorkommen.
Weiterhin wird mit Hilfe analytischer Messungen nach hormonaktiven
Stoffen im Wasser, Sediment oder Zooplankton des Thunersees gesucht.
Schliesslich werden kontrollierte Expositionsversuche mit Felchen
durchgeführt, um zu klären, ob die Gonadenveränderungen
durch Exposition von Felchen an Komponenten des Ökosystems
Thunersees experimentell ausgelöst werden können.
Der Vortrag wird einen Überblick zur Situation am Thunersee
und zu den laufenden Untersuchungen geben.