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      Berner Ökologietag vom 4. Februar 1997


      "Klimavariationen und Naturkatastrophen in den letzten 500 Jahren. Neue Ergebnisse."

      Prof. Ch. Pfister, Forschungsstelle für Regional- und Umweltgeschichte, Historisches Institut

      Was ist der Inhalt meines/unseres Beitrags (abstract)?

      Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass Gesellschaft und Naturhaushalt durch Naturkatastrophen und klimatische Extremereignisse (Anomalien) gestört werden, die über oder unter einer 'mittleren' Bandbreite liegen.

      1. Welche Anomalien sind auf Grund der natürlichen Variabilität des Klimas seit 1500 nachgewiesen und wie sind sie entlang der Zeitachse verteilt?

      Die jeweils kältesten und wärmsten Kalendermonate in den letzten 500 Jahren zeigen eine Bandbreite, die weit grösser ist als die Veränderungen der Monatswerte, die beim Wirksamwerden des verstärkten Treibhauseffekts im Mittel zu erwarten sind. Die kalten Anomalien sind seit Ende des 19. Jh. fast kontinuierlich zurückgegangen. Warme Anomalien sind zwischen 1976/85 und 1986/95 viermal häufiger geworden. Diese real dokumentierten Extremfälle geben uns eine Vorstellung davon, was geschehen könnte, wenn die Häufigkeit und Intensität solcher Extremereignisse zunehmen sollte.

      2. Gibt es Indizien, die auf einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Naturkatastrophen und Klimaschwankungen schliessen lassen?

      Statistiken, die sich nur auf Daten unseres Jahrhunderts abstützen, greifen zu kurz. Unter natürlichen Klimabedingungen ist mit erheblichen positiven und negativen Schwankungen in der Häufigkeit von schweren Überschwemmungen vom Typ 'Brig 1993' zu rechnen.

      Was sind meine/unsere Absichten betreffend Forschung (und allenfalls Lehre) im Bereich des Beitragsthemas für die nächsten 2-5 Jahre?

      1. Europaweite Rekonstruktion der Zirkulationsverhältnisse, die den monatlichen Anomalien der Temperatur zwischen dem Mittelalter und 1860 zugrundeliegen (zusammen mit der Gruppe von Heinz Wanner, Geographisches Institut) im Rahmen von EU Programmen.


      2. Untersuchung der Reaktion von Gesellschaften auf Klimaveränderungen und Naturkatastrophen im Verlaufe der letzten fünfhundert Jahre, vorwiegend am Beispiel der Alpenländer. Dabei soll die Wahrnehmung, Deutung und interessegeleitete Instrumentalisierung vergleichbarer Ereignisse im Vordergrund stehen. Vor allem geht es um die Frage, inwieweit eine Häufung von Extremereignissen die Durchsetzung neuer Interpretationsmuster begünstigt.

      Welches sind die Bezüge zwischen dem Thema/Inhalt des Beitrags und einem oder mehreren der drei Teilschwerpunkte des GUS?

      Der Bezug zum Teilschwerpunkt "Klima" ist offensichtlich. Ein Bezug zum Teilschwerpunkt "Umweltantwortliches Handeln" ergibt sich durch die Überlegung, dass neue Interpretationsmuster und institutionelle Rahmenbedingungen, die ein umweltverantwortliches Handeln befördert haben (u.a. Forstgesetz) in der Vergangenheit jeweils in relativ kurzer Zeit zustandegekommen sind, sofern in den Jahrzehnten zuvor die nötige Vorarbeit geleistet worden war und sofern die äusseren Bedingungen günstig waren. In diesem Sinne können historische Untersuchungen zu einer Standortbestimmung in der Gegenwart beitragen.




        © 1997, IKAÖ Universität Bern, Last modified 04.11.97/LBS