INTERFAKULTÄRE
      EINRICHTUNG FÜR
      ALLGEMEINE ÖKOLOGIE

      GESAMTUNIVERSITÄRER
      SCHWERPUNKT ÖKOLOGIE
      UMWELTWISSENSCHAFTEN


      Berner Ökologietag vom 4. Februar 1997


      "Periglazialforschung in den Berner Alpen. Die räumlich-zeitliche Entwicklung der Permafrostverbreitung"

      B. Krummenacher, Gruppe für Geomorphologie, Geographisches Institut

      Was ist der Inhalt meines/unseres Beitrags (abstract)?

      Mit der sich abzeichnenden allgemeinen Klimaerwärmung muss damit gerechnet werden, dass der Permafrost, vor allem an der Untergrenze in Höhenlagen von 2500 bis 3000 m ü. M., langsam abschmelzen könnte. Um diesen Sachverhalt zu dokumentieren führt die Gruppe für Geomorphologie (PD. Dr. H. Kienholz) seit 1988 systematische Untersuchungen zu periglazialen Formen und Prozessen im Furggentälti (2500 - 2800 m ü. M.) durch. Das Furggentälti liegt auf der Ostseite des Daubensees beim Gemmipass zwischen den Plattenhörnern im Süden und dem Rinderhorn im Norden. Das Gebiet des oberen Furggentältis weist einen vielfältigen periglazialen Formenschatz auf. Dazu gehört als auffälligste Form ein aktiver Blockgletscher von ca. 350m Länge. Frostmusterböden, Erdkuchen, Steinringe, Solifluktionszungen, sowie Wanderblöcke sind ebenfalls prägende Elemente dieser alpinen Landschaft.

      Zur Bestimmung der Veränderungen der allgemein sehr langsam ablaufenden periglazialen Prozesse werden verschiedene Methoden angewendet und zum Teil neu entwickelt.

      Methode 1: Die kontinuierliche Erfassung der Basistemperatur der winterlichen Schneedecke sowie der Bodenoberfläche gibt einen zuverlässigen Hinweis zur räumlichen Verbreitung des fleckenhaften Permafrostes. Mit der langfristigen Erfassung dieses Parameters können Veränderungen der Permafrostverbreitung erfasst werden.

      Methode 2: Der Blockgletscher im Furggentälti weist innerhalb der letzten 8 Jahre erhebliche Verschiebungsbeträge auf. Auf der Basis von photogrammetrischen Aufnahmen von 1990 und 1995 konnte die Deformation bzw. die Massenbilanz des Blockgletschers quantitativ bestimmt werden. Ein Massenverlust wäre einem Abschmelzen des Permafrostes gleichzusetzen.

      Methode 3: Eine wichtige Basis zur Erfassung der räumlichen Permafrost-Verteilung einerseits und des Energiehaushaltes andererseits bildet die Kenntnis der räumlich - zeitlichen Strahlungsverhältnisse sowie der Entwicklung des Einschneiens und des Ausaperns. Zur Bestimmung dieser Grössen wurde eine Verfahren entwickelt, das erlaubt, das Einschneien und das Ausapern mittels der digitalen Bildverarbeitung auf Orthofotobasis quantitative festzuhalten.

      Methode 4: Die langsamen Prozesse der Solifluktion und die Bildung von Steinringen und Erdkuchen sind sehr eng mit dem zeitlichen Verlauf des Einschneiens und des Ausaperns, sowie dem Wasserangebot aus der Schneeschmelze gekoppelt. Mit der terrestrischen Präzisionsvermessung von 20 Punkten einer Solifluktionszunge seit 1990 können diese Zusammenhänge klar dargestellt werden.

      Was sind meine/unsere Absichten betreffend Forschung (und allenfalls Lehre) im Bereich des Beitragsthemas für die nächsten 2-5 Jahre?

      Direkte Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Permafrostverbreitung im Untersuchungsgebiet konnten aus der 8-jährigen Messreihe nicht eindeutig nachgewiesen werden. Da Veränderungen im Permafrost mit einer zeitlichen Verzögerung eintreten, müssen die Untersuchungen noch mehrere Jahre weitergeführt werden.

      Welches sind die Bezüge zwischen dem Thema/Inhalt des Beitrags und einem oder mehreren der drei Teilschwerpunkte des GUS?

      Die Permafrostkörper in unseren Gebirgsräumen stellen eine hochsensible Schnittstelle zum Klima dar. Signale der Klimaveränderung wirken mit einer zeitlichen Verzögerung auf den Permafrost ein. Besonders die tiefgelegenen Permafrostvorkommen, deren Temperaturen nur wenige Grad Celsius unter dem Gefrierpunkt liegen, und zudem geringmächtig sind, könnten bei einer weiteren Erwärmung abschmelzen. Die damit verbundene Destabilisierung des Untergrundes durch die wegfallenden Armierungseffekte des Poreneises sind die Folgen.

      Mit der exakten Analyse des Erwärmungsindikators Permafrost kann ein Beitrag zur Umweltdynamik im abiotischen Teil im Teilschwerpunkt "Klimaforschung und Immissionsökologie" geleistet werden.



      ||


        © 1997, IKAÖ Universität Bern, Last modified 04.11.97/LBS